Salzburg 30.XI.12.irrtümlich datiert; der Brief wurde am 30.11.1913 geschrieben.
Liebster Herr Wedekind!
Heute komme ich wieder zum Schreiben! Bin sehr froh, daß
meine Briefe (keine) Herrn Wedekind nicht unangenehm waren. Jetzt kommt schon
bald WeihnachtenSeit Wedekinds Einladung vom September 1913, die Weihnachtstage bei ihm in München zu verbringen, erwähnt Friedrich Strindberg seine Vorfreude auf dieses Ereignis in nahezu jedem seiner Briefe. Der Besuch fand vom 23.12.1913 bis 1.1.1914 statt [vgl. Tb]. und meine Freude darauf ist sehr groß! Es sind noch gute 3
Wochen bis ich Herrn Wedekind |
wieder sehen kann; mir ist jeder Tag weniger eine Freude. Hier war in den
letzten Tagen schlechtes Wetter, heute aber scheint es schönes Wetter zu
werden. Hoffentlich ist der MagenkatarrhAm 20.11.1913 notierte Wedekind „Magenkatarrh“ [Tb], am folgenden Tag suchte er einen Arzt auf: „Besuch bei Dr. Hauschildt wegen Magenkatarrh“ [Tb]. vorbei
und Herr Wedekind fühlen sich wieder wohl! Bitte dürfte ich mit meiner
damaligen BitteFriedrich Strindberg hatte sich statt des noch ausstehenden Exemplars von „Simson“ eine Fotografie von Wedekind erbeten [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 7.11.1913]. um eine Photographie hervortreten, wenn es möglich wäre! Bitte!
Heute sah ich hier in Salzburg „Freiheit“ von Max Halbe
ausgestelltim Schaufenster der Salzburger Buchhandlung Höllrigl; dort sah Friedrich Strindberg auch Wedekinds „Simson“ „ausgestellt“ [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 23.11.1913].. Großmama oder Mama – wer weiß ich nimmer – erzählte mir einst,
dass Herr Halbe mein Geburtszeuge, oder so etwas ähnlichesMax Halbe war mit Frida Strindberg befreundet und unterstützte sie gemeinsam mit Lotte Dreßler während ihrer krisenhaften Schwangerschaft mit Friedrich [vgl. Buchmayr 2011, S. 188]. Daraus resultierte Frida Strindbergs Wahl des zweiten Vornamens Max für ihren Sohn [vgl. ebd., S. 192]. Als ihre Mutter Marie Uhl über zwei Jahre nach Friedrichs Geburt auf eine katholische Taufe drängte, erwog Frida Strindberg, Max Halbe als Taufpaten zu wählen, wozu es jedoch nicht kam [vgl. ebd. 208]. gewesen | sein soll. Bitte
könnten mir Herr Wedekind näheres darüber mitteilen? Hier in Salzburg ist
bereits jede UnannehmlichkeitFriedrich Strindberg wurde nach verschiedenen Vorfällen mit einem Schulverweis gedroht [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 1.–4.11.1913]. für mich beiseitigtSchreibversehen, statt: beseitigt; so schon im Brief vom 23.11.1913 [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 23.11.1913]. und ich mache meiner lieben Großmama sicher mehr keine Sorgen!
Gegenwärtig, d.h. vor wenigen Tagen war unsere Stadt
festlich geschmückt. Es galt einer nationalen DemonstrationUnter der Überschrift „Deutsche Salzburger!“ war in der „Salzburger Chronik“ [Jg. 49, Nr. 266, 21.11.1913, S. 4] ein Aufruf des Landeshauptmanns sowie des Bürgermeisters von Salzburg abgedruckt, sich an einer Unterschriftenaktion für das Lex Kolisko, ein Gesetz gegen die „Errichtung nichtdeutscher Schulen im Lande Salzburg“, zu beteiligen „und damit einem Eindringen des Slaventums in unser deutsches Land ein starkes Hindernis“ entgegenzusetzen. Alle deutschen Einwohner Salzburgs ab dem 14. Lebensjahr waren unterschriftsberechtigt. Gezeigt werden sollte auf diesem Weg, „daß ganz Salzburg deutsch fühlt und gewillt ist, einmütig für den deutschen Charakter der Stadt einzutreten. Um diese Betätigung des Volkswillens auch in feierlicher Weise zum Ausdrucke zu bringen, ergeht an die Hausbesitzer der Stadt die dringende Bitte, durch Beflaggung der Häuser zum festlichen Schmucke der Stadt beizutragen.“ gegen die Eröffnung
tschechischer Schulen in durchaus deutschen Ländern. Auch wir unterschrieben
alle und wir waren alle in unserm Nationalbewußtsein gestärkt! Das war schön!
Weihnachtsabend 24, Dez. DienstagDer 24.12.1913 war ein Mittwoch. Friedrich Strindberg erwähnt seinen Irrtum in einem späteren Brief [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 7.12.1913].; Unsere Ferien beginnen 20/1/.Friedrich Strindberg korrigierte die ursprünglich richtige Datumsangabe vermutlich als Folge seines Irrtums über den Wochentag des 24.12.1913. Möglicherweise resultieren die fehlerhaften Zuordnungen von Datum und Wochentag aus der Verwendung eines Kalenders des Jahres 1912, auf das Friedrich Strindberg den Brief eingangs datierte.
Samstag |
abends.
Ich vertiefe mich sehr in die Literaturgeschichte der alt-
und mittelhochdeutsch. Zeit, die übrigens zu unserem heurigen Schulstoff
gehört.
Noch viele Grüße
in Liebe Fritz.
P.S.
Handküsse an die gnädige Frau; Bitte auch Grüße an die Frl.
Töchterleins auszurichten.