Salzburg 14/XII.13.
Lieber Herr Wedekind!
Bitte zu entschuldigen, wenn ich nicht früher geschrieben
habe.
Wir haben also leider erst Dienstags freiDie Erlaubnis zur Heimfahrt in die Weihnachtsferien wurde vom Schuldirektor demnach auf den 23.12.1913 festgelegt. Wedekind hatte Friedrich Strindberg im September während ihres Treffens in Berlin über Weihnachten nach München eingeladen. Dieses Vorhaben blieb seit Beginn der Korrespondenz in kaum einem Brief Friedrichs unerwähnt. Mit Überlegungen zur Anreise ist er seit Ende November beschäftigt [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 30.11.1913]., aber Großmama
wird unsern Herrn Direktor bitten, daß ich schon Montags abend nach MondseeFriedrich Strindbergs Großmutter wohnte in der Villa Uhl in Mondsee.
fahren kann und dann Dienstag nachmittag nach München. Den ZugFriedrich Strindberg reiste am Dienstag, den 23.12.1913 morgens von Mondsee nach München, wo er um 12.20 Uhr eintraf [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 21.12.1913 und Friedrich Strindberg an Wedekind, 22.12.1913]. kann ich leider
erst nächsten Sonntag |
schreiben, da ich auf die Nachricht meiner Großmama warten muß und auch auf die
nähere Erlaubnis unseres Herrn Direktors.
Ich freue mich schon so auf Herrn Wedekind und denke
natürlich die ganze Zeit darüber nach und freue mich schon in
vorhinein! Danke vielmals daß Herr Wedekind mich vom Bahnhof abholenWedekind notierte am 23.12.1913: „Hole Fritz Strindberg vom Bahnhof ab“ [Tb]. Friedrich Strindberg hatte ihm die Ankunftszeit telegraphiert [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 22.12.1913]., was mir
riesig lieb ist! Wir haben hier erst ein einziges Mal Sonne gehabt, sonst immer
trübes Wetter!
Hoffentlich geht es Herrn Wedekind schon besser mit der MagenverstimmungWedekind hatte am 20.11.1913 „Magenkatarrh“ [Tb] und am Folgetag: „Besuch bei Dr. Hauschildt wegen Magenkatarrh“ [Tb] notiert. Weitere Arztbesuche sind am 1. und 2.12.1913 verzeichnet..
Ich lese oft und oft noch die „Zensur“Friedrich Strindberg hatte von Wedekind ein mit einer handschriftlichen Widmung versehenes Exemplar des Dramas erhalten [vgl. Wedekind an Friedrich Strindberg, 11.10.1913]. und
jedes neue Lesen schafft mir neue Freude, besonders ist mir in letzter Zeit
eine kleine |
Ähnlichkeit der beiden Charaktere, „Franziska“Hauptfigur aus Wedekinds gleichnamigem Drama. und „Kadidja“weibliche Hauptfigur aus Wedekinds Drama „Die Zensur“; Geliebte des Literaten Buridan. besonders in der Eitelkeit aufgefallen. „Buridan“Hauptfigur aus Wedekinds Drama „Die Zensur“; Literat. lebt sehr in meiner
Phantasie nach und sein Schicksal ergreift mich bei jedem neuen Lesen. Es ist
zu schön!
Noch viele Grüße bis auf Weihnachten, Handküsse an die
gnädige Frau Gemahlin und Grüße an die Töchterleins
herzlichst
Fritz.