Deutsches
Theater zu Berlin
Berlin
N.W., den 11.4 1904
Verehrter
Herr Wedekind,
Ihr
Schauspiel habe ich mit bestem Dank erhaltenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zu einen „Hidalla“-Typoskript; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Brahm, 5.4.1904. Wedekind dürfte seinen noch ungedruckten Dramentext, den Otto Brahm in einer ersten Sendung nicht erhalten hatte [vgl. Otto Brahm an Wedekind, 3.4.1904], nun „als Typoskript in mehreren Exemplaren angelegt“ und ein Exemplar davon erneut „zur Lektüre“ versandt haben, „in der Hoffnung, daß der berühmte Theaterdirektor es zur Aufführung brächte.“ [KSA 6, S. 385f.] „Noch bevor ‚Hidalla‘ gedruckt erscheint, schickt Wedekind dem einflußreichen Theaterdirektor Otto Brahm sein Stück“ [KSA 6, S. 536]. und werde es gerne im
Lessing-TheaterOtto Brahm, noch Direktor des Deutschen Theaters zu Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 238], wechselte zur neuen Spielzeit am 1.9.1904 als Direktor an das Berliner Lessingtheater [vgl. Neuer Theater-Almanach 1905, S. 287]. Die Presse meldete bald darauf: „Frank Wedekind hat, wie man in Berliner Blättern liest, sein neuestes Werk ‚Hidalla‘ Dr. Brahm in Berlin zur Aufführung übergeben, der es als eine der ersten Novitäten der Spielzeit im Lessing-Theater bringen wird.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 200, 29.4.1904, Vorabendblatt, S. 2] zur Aufführung bringenOtto Brahm schrieb am 14.5.1904 aus Wien an Georg Hirschfeld: „Den Wedekind habe ich akzeptiert; das ist ein zu weites Feld für die Postkarte, also mündlich mehr.“ [Hirschfeld 1925, S. 224]. Ich lasse Ihrem VerlegerDr. jur. et cam. Julian Marchlewski, Privatgelehrter der Staatswissenschaft (Privatadresse: Hohenstauffenstraße 4) und Verlagsinhaber (Verlagsadresse: Franz Josephstraße 36) in München, der gemeinsam mit dem Schriftsteller Dr. phil. Israel Helphand (Alexander Parvus) persönlich haftender Gesellschafter des Verlags war [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1904, Teil I, S. 428]. Die Erstausgabe von Wedekinds Schauspiel „Hidalla oder Sein und Haben“ (1904) erschien Ende Mai im Verlag Dr. J. Marchlewski & Co. [vgl. KSA 6, S. 386] und wurde bald darauf als Neuerscheinung angezeigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 71, Nr. 132, 10.6.1904, S. 5042]. Vertrag unter
den üblichen Bedingungen zugehen. Die Bezeichnung „Schauspiel„Hidalla“ (1904) war als „Schauspiel in fünf Akten“ [KSA 6, S. 386] bezüglich der Gattung von Wedekind wohl bewusst neutral bezeichnet, wie ein von ihm in diesen Tagen entworfener Waschzettel zur Erstausgabe andeutet: „Die Personen des Stückes sind unserem modernen Leben entnommene Gestalten und zeichnen sich durch auffallende Präzision der Charakteristik aus. Trotz der tiefen Tragik im Schicksal des Helden und trotz des fast leidenschaftlichen sittlichen Ernstes, der das Drama durchweht, bleibt doch auch dem Humor bis über den Tod des Helden hinaus sein volles Recht gewahrt.“ [KSA 6, S. 426]“ scheint mir dem
Charakter des Werkes nicht recht gemäss, vielleicht entschliessen Sie sich zur
„Comödie“? Oder haben Sie etwas gegen dies Wort? Verbindlich grüssend
Otto
Brahm