Helgoland
d. 21.7.99.
Mein lieber Freund Frank ‒ mit doppelt
herzlichen Wünschen komme ich diesmal „gratulirenBeate Heine gratulierte Wedekind zu seinem 35. Geburtstag am 24.7.1899; ihr Brief ist ein Begleitbrief zu einem Geburtstagspäckchen.“! Und ich will mich kurz
fassen, und Ihnen nur „Glück“ wünschen ‒ ein solches Glück, wie Sie es gern
haben wollen ‒ denn es
sieht ja doch für Jeden anders aus! Ich habe mir den Kopf zerbrochen, | was ich
Ihnen schicken sollte ‒ denn etwas
geschenkt kriegen müssen Sie doch ‒ und da bin ich auf die beiliegende
Schreibunterlage gekommen, die Sie, wie ich mir denke, gut brauchen können. Zu
allem Andern sagte mein Mann immer: nein, das geht nicht ‒ u. so begnüge ich
mich! ‒ Von uns wissen Sie ja alles
Wissenswerthe. Wir hatten furchtbare Hitze, | aber jetzt ist ein herrlicher
Nordost aufgekommen, der einen wieder auffrischt. Wir baden
übrigens mit Genuß, es ist ein göttliches Vergnügen, u. wir sind stolz,
daß mein Mann es verträgt ‒ Sie kennen
seine Gefühle für kaltes Wasser! Mit Brahm u. VacanoDr. phil. Otto Brahm aus Berlin (Luisenplatz 2) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1900, Teil I, S. 161], Direktor des Deutschen Theaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1900, S. 254], war mit dem Schriftsteller Stefan Vacano, der in Wilmersdorf bei Berlin (Emserstraße 25) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1900, Teil I, S. 1631] wohnte, befreundet; beide verbrachten ihren Urlaub auf Helgoland. sprachen wir letzthin über Sie u. den Erdgeist u. Br. sagte, SchlentherOtto Brahm und der Theaterkritiker Paul Schlenther, beide 1889 Mitbegründer der Freien Bühne in Berlin [vgl. Schanze 1978, S. 275], waren befreundet. Wedekind hatte seine Tragödie „Erdgeist“ (1895) seinerzeit erfolglos Otto Brahm (der sich reserviert gezeigt hat) für eine Aufführung am Deutschen Theater angeboten [vgl. Wedekind an Otto Brahm, 3.5.1895] sowie ebenfalls erfolglos bei Paul Schlenther angefragt, ob „Erdgeist“ nicht von der Freien Bühne aufgeführt werden könne und ihm ein mit Widmung versehenes Exemplar der Erstausgabe der Tragödie beigelegt [vgl. Wedekind an Paul Schlenther, 13.4.1896]. dafürSchreibversehen, statt: habe dafür.
etwas übrig gehabt. ‒ Ich will
Carl noch etwas Platz lassen, | u. schließe deshalb, mit nochmaligen
Glückwünschen u. herzlichen Grüßen!
Fr/In/
aufrichtiger Freundschaft
Ihre
Beate Heine.
Mein lieber Herr Wedekind.
Lassen Sie sich herzlichst zu Ihrem Geburtstage
begrüßen; wohin meine Wünsche grade dieses Mal zielen, brauche ich nicht
auszuführen. Ihre Bemerkungennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Carl Heine, 13.7.1899. Wedekind dürfte sich zu den Eindrücken geäußert haben, die Carl Heine ihm über „Ein gefallener Teufel“ (die Urfassung des „Marquis von Keith“) mitgeteilt hatte [vgl. Carl Heine an Wedekind, 26.6.1899]. über das, was Sie von Ihrem neuen Drama erwarten, stimme ich zu. Ich selbst bin noch ohne jede Orientierung,
was ich diesen Winter unternehme. Die gewünschten BücherWedekind hatte Bücherwünsche geäußert [vgl. Beate Heine an Wedekind, 7. und 15.7.1899] und sich etwas verspätet für die erhaltenen Bände bedankt [vgl. Wedekind an Beate Heine, 31.7.1899]. trafen hoffentlich
bereits ein?!
Mit besten Wünschen u. Grüßen
Ihr
Carl Heine