Kennung: 3596

Lenzburg, 4. Juli 1913 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Lenzburg, 4.VISchreibversehen, statt: VII..13.


Geliebter Frank,

als ich Mittwoch den Brief an Dichvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 2.7.1913. geschrieben hatte, kam die junge Frau Consul Zweiffel mit ihrer Kleinen. Wir saßen im Garten und plauderten, die Kinder spielten. Gestern fuhr AnnaAnna Wölfel, „das Münchner Kindermädchen.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 125] weg, es gab natürlich bei Anna Pamela einige Tränen. Kaum war sie weg, dachte sie nicht mehr daran. Die Andere„die Köchin Isabella“ [Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 22.6.1912], die aus München gekommen ist [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 2.7.1913]. findet sich sehr gut hinein. Nachmittags giengen wir mit den Kindern zum Römersteineiner der sagenumwobenen „Granit-Findlinge“ im Wald „zwischen Lenzburg und Othmarsingen.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 180], u. durch den Wald nach | der Niederlenzerstraßedie Straße von Lenzburg nach Niederlenz. hin. Dann über die Schützenmatte nach Hause. Abends badeten wir Beide.

Gestern las ich das Festspiel von HauptmannWedekind hatte Gerhart Hauptmann zu seinem „Festspiel in deutschen Reimen“ (1913), ein Auftragswerk zur Hundertjahrfeier der Befreiungskriege, das am 31.5.1913 in der Jahrhunderthalle in Breslau uraufgeführt und nach elf von geplanten fünfzehn Vorstellungen am 18.6.1913 wieder abgesetzt wurde, telegrafisch gratuliert [vgl. Wedekind an Gerhart Hauptmann, 3.6.1913]. das ich mir von Frau Henckell mitgenommen hatte. Es ist wohl so ziemlich das Gegenteil von dem, was man sich von Hauptmann erwartet hat. Übrigens begreife ich den Aufruhr. Eine Verherrlichung Deutschlands ist es absolut nicht. Leider habe ich von den politischen Anspielungen vieles nicht verstanden. Mama scheint die Sache ziemlich | genau zu kennen. Sie sagt, man sei ja von Jugend auf damit geplagt worden. Ich kann mich absolut nicht erinnern, dass meine Jugend je durch die Freiheitskriegeauch: Befreiungskriege; kriegerische Auseinandersetzungen von 1813 bis 1815 gegen Napoleon Bonaparte. getrübt wurde.

Vorgestern abends war Frau Henckell nochmals heroben. Sie brachte mir die Aufstellung der Verbindungdie Zugverbindung von Lenzburg nach München. Lenzburg – München für Anna. Ich begleitete sie nach Hause u. dann begleitete sie u. ihr Mann mich wieder zurück.

Morgen kommt also Mieze u. übermorgen ist das ConzertErika Wedekind sang am 6.7.1913 in Lenzburg auf einem Wohltätigkeitskonzert „zugunsten der Kinderfürsorge“ [Ein Wohltätigkeitskonzert in Lenzburg. In: Neue Zürcher Zeitung, Jg. 134, Nr. 187, 8.7.1913, 2. Abendblatt, S. (2)], zugleich ihr Abschiedskonzert von der Bühne [vgl. Erika Wedekinds Rücktritt. In: Oberländer Tagblatt, Jg. 37, Nr. 180, 5.8.1913, S. (1)].. | Sie singt im Gemeindehaus glaub ich, für die „Wohltätigkeitshyänen“. Was hast Du noch alles gesehen? Hoffentlich hast Du angenehmes Wetter. Bei uns ist es sehr schön. Von Mama herzlichste Grüße, Küsse von den Kindern.

In treuer Liebe umarmt Dich,
Deine Tilly

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß. 13,5 x 18 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der Brief ist irrtümlich falsch datiert (auf den 4.6.1913 statt 4.7.1913).

  • Schreibort

    Lenzburg
    4. Juli 1913 (Freitag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Rom
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
261-262
Briefnummer:
395
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 4.7.1913. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (12.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

25.09.2023 16:56