Kennung: 3759

München, 3. Juli 1914 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

T. W.


Freitag, 3. Juli 1914.


Mein innigst geliebter Frank,

herzlichsten, innigsten Dank für Deinen lieben Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 1.7.1914.! Er hat mich so froh u. glücklich gemacht. Heute war eigentlich der erste wirklich schöne Tag seit Du fort bist. Vormittag habe ich eine Stunde lang getanzt, bis jetzt war mir das nämlich nicht möglich. Aber jetzt will ich fleißig sein. Die Tochter von Prof. Hubernicht identifiziert; ihr Vater Karl Huber war „Tanzlehrer“ [Adreßbuch für München 1914, Teil II, S. 569] in München (Schrammerstraße 2) und betrieb dort (Residenzstraße 19) seit Jahren unter wechselnden Adressen [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1900, Teil I, S. 250] ein „Tanzlokal“ [Adreßbuch für München 1914, Teil I, S. 292], das war der Tanzsaal einer Tanzschule. Wedekind hatte am 19.6.1914 notiert: „Besuch bei Tanzlehrer Huber“ [Tb], am 20.6.1914: „Tilly erhält Tanzunterricht durch Professor Huber“ [Tb]; er notierte am 23.10.1915 in der Torggelstube in geselliger Runde dabei ein „Frl. Huber“ [Tb], vielleicht die Tochter des Tanzlehrers. war nämlich schon da u. fragte was mit den Stunden ist. Ich sagte ihr ich sei nicht wohl u. würde schreiben. | Heute schrieb ich eine Kartenicht überliefert. u. sie telephonierte gerade früher an, dass sie morgen mit ihrem Vater um 11 Uhr kommen werde. Ich freue mich, dass die Tochter kommt, sie ist ein sehr symphatischesSchreibversehen, statt: sympathisches. u. sehr hübsches Mädchen. Wie kommen die Eltern zu dem Kind?!

Mir ist es lieber am Vormittag, weil Nachmittag Anna Pamela keine Schule hat u. wir dann bei schönem Wetter schwimmen gehen. Sie macht wirklich schon ein Bischen Fortschritte, ich glaube sie lernt es bald. Heute schwammen wir in der WürmUngerer’s Würmbad (Am Kanal 1), eine auch Ungererbad genannte private Badeanstalt (Inhaber: August Ungerer) [vgl. Adreßbuch für München 1907, Teil I, S. 581], war an der Würm gelegen (am sogenannten Würmkanal), an dem durch München fließenden Fluß., weil das Bassin frisch eingelassen wurde. Ich hielt sie gar nicht | sehr fest am Gürtel u. sie machte die TempoSchreibversehen, statt: Tempi. sehr schön. Auch haben wir uns gut unterhalten zusammen u. gelacht. Seit Du fort bist, war ich nämlich sehr schweigsam u. einsilbig. Sie machte einen guten Witz. Ich sagte, ich hätte der Badefrau kein Trinkgeld gegeben. Sie sagte: „Ja Trinkgeld, dass sie da’saufen.“ Sie meinte, dass sie sich besäuft. Übrigens ist sie, glaub ich nach Dir, am anregenstenSchreibversehen, statt: anregendsten. für mich. Man kann sich wirklich gut mit ihr unterhalten.

Die Kleine vergisst immer wieder, dass Du fort bist. Immer will sie in Dein Zimmer u. als ich ihnen Gutenacht | sagte u. sagte ich geh’ jetzt essen, sagte sie „und der Papi?“

Wer ist Will Versper? Ist das sehr ungebildet, dass ich das nicht weiß?

Wie hat Dir Florenz eigentlich sonst gefallen?

Als wir aus dem Bad giengenSchreibversehen, statt: gingen., kam gerade Dr. Martens. Ich sagte ihm, dass Du in Paris bist, er lässt Dich grüßen. Jetzt werde ich recht fleißig tanzen, weil ich weiß, dass es Dir Freude macht.

Viele BusserlnKüsse. von den Kindern, tausend Küsse in treuer Liebe,
Deine Tilly

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14,5 x 18,5 cm. Mit aufgeprägtem Monogramm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    3. Juli 1914 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Paris
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
319-320
Briefnummer:
470
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 3.7.1914. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (11.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

25.09.2023 18:11