11.4.16 Mittag
Geliebteste Tilly! Nach sehr ruhiger FahrtWedekind notierte am 10.4.1916 über seine Reise von München nach Berlin: „Ruhige Fahrt nach Berlin.“ [Tb] ging ich gestern AbendWedekind notierte für den Abend des 10.4.1916 in Berlin: „Union-Kino. Pschorrbräu.“ [Tb] Das Union-Theater, Inhaber: Union-Theater GmbH, hatte mehrere Kinos – Friedrichstraße Ecke Taubenstraße, Alexanderplatz, Moritzplatz, Unter den Linden 21, Nollendorfplatz 4, Hasenheide, Reinickendorfer Straße 14, Kurfürstendamm 26, Weinbergsweg, Hauptstraße 49 in Schöneberg [vgl. Berliner Adreßbuch 1916, Teil IV, S. 195]. Welchen Film – „Der Schirm mit dem Schwan!“ und „Seine Braut!“ (sie wurden aufeinander folgend gezeigt), „Liebespech“ oder „Glaubensketten“ – Wedekind in einem von den „Unionstheatern“ [Die Films der Woche. In: Berliner Tageblatt, Jg. 45, Nr. 184, 9.4.1916, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (2)] der dort laufenden „Lustspielwoche“ [Berliner Tageblatt, Jg. 45, Nr. 187, 11.4.1916, Morgen-Ausgabe, 4. Beiblatt, S. (1)] sah, ist unklar; angekündigt war: „Die U. T. haben in dieser Woche in der Mehrzahl sich ein Lustspielprogramm zusammengestellt. In dem ‚Schirm mit dem Schwan‘ zeigt sich Henny Porten [...]; es wurde herzlich gelacht, noch herzlicher bei der Paulig-Posse ‚Seine Braut‘, deren Handlung [...] von [...] drastischer Komik ist. In anderen U. T. steht ‚Liebespech‘ [...] auf dem Programm, während in noch anderen der Film ‚Glaubensketten‘ weiter gezeigt wird.“ [Filmwoche. In: Berliner Volks-Zeitung, Jg. 64, Nr. 184, 9.4.1016, Morgen-Blatt, 1. Beiblatt, S. (2)] Nach dem Kino dürfte Wedekind das Pschorrbräu-Restaurant Gebhardt und Stutzenbacher (Friedrichstraße 165) [vgl. Berliner Adreßbuch 1916, Teil I, S. 759] aufgesucht haben.
ins Uniontheater Kino und nach einem Trunk Bier zu Bett. Heute
Dreimaskenverlag, wo man mir sagt daß das Geld abgeschicktWedekind, der am 11.4.1916 seinen Besuch beim Drei Masken Verlag in Berlin (Nollendorfstraße 13/14) – „Dreimaskenverlag“ [Tb] – festhielt, hat im Kontobuch die Summe von 1000 Mark wohl nachträglich am 10.4.1916 unter den Einnahmen notiert: „Drei Masken Vorschuß“ [Mü, L 3512]. Er bestätigte das brieflich [vgl. Wedekind an Drei Masken Verlag, 3.5.1916]. sei. Bitte mir
dreihundert Mark zu schicken. Außerdem schick mir bitte die beiden Briefenicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Kurt Hezel an Wedekind, 12.2.1916 und 25.3.1916. von Kurt Hetzel, die in meinem Briefkästchen auf
dem Schreibtisch stecken. Eben hatte ich eine umfassende UnterredungWedekind notierte am 11.4.1916: „Besuch bei Glasenapp Polizeipräsidium.“ [Tb] Curt von Glasenapp, inzwischen Oberregierungsrat [vgl. Berliner Adreßbuch 1916, Teil I, S. 805], seinerzeit Gast bei Wedekinds Heirat am 1.5.1906 in Berlin, war als Leiter der Abteilung für Theater im Berliner Polizeipräsidium [vgl. Berliner Adreßbuch 1916, Teil II, S. 57] verantwortlich für die Zensurverbote von Wedekinds Dramen. Wedekind hat den Besuch mit ihm wohl verabredet [vgl. Wedekind an Curt von Glasenapp, 5.4.1916]. mit ORR
Glasenapp, der sich Dir empfehlen läßt. Dann | war ich im Deutschen TheaterbureauWedekind notierte am 11.4.1916: „Deutsches Theater mit Kahane gesprochen“ [Tb]; er sprach mit Arthur Kahane, Dramaturg am Deutschen Theater (Direktion: Max Reinhardt) zu Berlin (Schumannstraße 12-13a), an dessen Arbeitsplatz im Deutschen Theater: „Dramturgisches Bureau.“ [Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 287]..
Heute AbendWedekind notierte am 11.4.1916: „Abend Der eingebildete Kranke Ballet.“ [Tb] Wedekind sah in den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) um 20 Uhr die Inszenierung von Molières Komödie „Der eingebildete Kranke“ (1673) mit anschließendem Ballett: „Kammerspiele. 8: Der eingebildete Kranke. Hierauf: Ballett.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 45, Nr. 187, 11.4.1916, Morgen-Ausgabe, 4. Beiblatt, S. (1)] Max Reinhardt sprach er nicht; er hatte allerdings ein „Gespräch mit Else Bassermann über Erdgeist.“ [Tb] Else Bassermann (geb. Schiff), Schauspielerin am Berliner Lessingtheater [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 295], die mit Wedekind per Du war [vgl. Else Schiff an Wedekind, 21.3.1916], sprach mit ihm wohl über eine mögliche „Erdgeist“-Inszenierung am Lessingtheater [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 14.4.1916], die dann am Theater in der Königgrätzer Straße (Premiere: 4.11.1916) realisierte wurde. im „Eingebildeten Kranken“ werde ich voraussichtlich Reinhardt sprechen. Hoffentlich geht es Dir und den Kindern gut.
Innigste Küsse. Dein Frank.
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Herzlichste Glückwünsche zu deinem GeburtstagTilly Wedekind hatte am 11.4.1916 ihren 30. Geburtstag, der wegen Frank Wedekinds Reise nach Berlin am 8.4.1916 in München vorgefeiert wurde: „Wir feiern Tilly Geburtstag.“ [Tb]
Postkarte
I.H.
Frau Tilly Wedekind
München
Prinzregentenstr. 50 3r