Kennung: 4083

Graz, 9. März 1917 (Freitag), Postkarte

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Graz, 9.III.17 Geliebter, heuteAm 9.3.1917 begann Wedekinds Gastspiel in der „Erdgeist“-Inszenierung am Theater in der Königgrätzer Straße in Berlin (Direktion: Carl Meinhard und Rudolf Bernauer), wie er notierte: „Um zwölf Uhr ½stündige Probe mit meiner Partnerin Maria Orska [...]. Vorstellung Erdgeist“ [Tb]. Die Presse hatte angekündigt: „Wedekind im Theater i. d. Königgrätzer Straße. Die Direktoren Meinhard und Bernauer haben Frank Wedekind eingeladen, in den nächsten Vorstellungen seiner Tragödie ‚Erdgeist‘ die Rolle des ‚Dr. Schön‘ selbst darzustellen. Der Dichter hat diese Einladung angenommen und tritt zum erste Male am Freitag sowie in den weiteren Ausführungen von ‚Erdgeist‘ neben Maria Orska und der übrigen bekannten Besetzung auf.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 46, Nr. 120, 7.3.1917, Morgen-Ausgabe, S. (2)] Die Besprechung folgte: „Im Theater in der Königgrätzer Straße spielte gestern abend Frank Wedekind in der zweiundsiebzigsten Aufführung seines ‚Erdgeist‘ als Gast die Rolle des Dr. Schön. Die besonderen Vorzüge seiner Darstellungskunst sind ebenso bekannt wie ihre natürliche Begrenztheit [...]. Wenn der Dichter vor dem bunten Zirkusvorhang im kitschig roten Frack des Tierbändigers mit knallender Peitsche und nervenaufkitzelndem Revolverschuß, seine liebreizende Bestie ankündigt und vorführt, dann enthüllt er freilich die grotesk-dämonische Seele der Tragödie tiefer als jeder Routinierte. [...] Die vortreffliche Besetzung war [...] mit Friedrich Zelnik, Paul Otto, Felix Rossert, Guido Herzfeld, Hans Mierendorf in den Hauptrollen, die der ersten Aufführung. Marie Orska-Lulu bleibt in diesem Kreise [...] auch nach so vielen Wiederholungen die sprühendste Gestalt [...] Das Publikum folgte mit stärkster Anteilnahme.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 46, Nr. 128, 11.3.1917, Morgen-Ausgabe, S. (2)] denke ich besonders an Dich! Wenn Du Dich nur nicht zu sehr anstrengst, sondern das Gastspiel u. der Aufenthalt in Berlin, alle die gute Wirkung auf Dich hat die ich ersehne u. für Dich wünsche!

Hier ist noch keine Veränderungden Krankheitszustand von Tilly Wedekinds Vater Eduard Newes betreffend., doch muss täglich eine Wendung kommen. Dadurch, dass wir alle zusammen sind, ist ein ziemliches Durcheinander. verzeih’Schreibversehen, statt: Verzeih’. wenn ich vielleicht etwas konfus schrieb. Du weisst ja wie es in Lenzburg war. Auch die Gegen|sätze untereinander machen sich geltend; aber im Allgemeinen bemüht man sich, sich zu verständigen.

Ich sehne mich nach einem lieben Wort von Dir u. wollte, ich hätte 10 Jahre früher die Möglichkeit gehabt mit Dir zu sprechen wie in den letzten 2 Tagenam 4. und 5.3.1917, unmittelbar nach Wedekinds Rückkehr aus Burghausen nach München. u. zuletzt am Bahnhofam 6.3.1917 am Münchner Hauptbahnhof. Wedekind notierte: „Treffe Tilly auf dem Bahnhof die zu ihrem totkranken Vater nach Graz reist.“ [Tb]. In Liebe, ewig Deine Tilly


Abs: Wedekind Graz
Steiermark Harrachg. 26


Herrn
Frank Wedekind
Berlin W.
Hotel Excelsior
a./Anhalter Bahnhof

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 14 x 9 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Der in ein Textfeld eingetragenen Absenderadresse folgt die Fortsetzung des Mitteilungstextes. Die auf der Adressseite mit einer grünen Zierleiste versehene Postkarte ist mit einer aufgedruckten Briefmarke von 8 Hellern und einer aufgeklebten Briefmarke von 30 Hellern frankiert. Die Postkarte ist mit einem Aufkleber mit rotem Schriftzug „Express“ und Postzustellvermerken von fremder Hand versehen. Wedekind hat auf der Adressseite auf diesem Aufkleber mit rotem Buntstift das Datum „14.3.17“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Datum im Postausgangsstempel Graz nur teilweise lesbar, Uhrzeit im Postausgangsstempel Graz nicht lesbar. Uhrzeit im ersten Posteingangsstempel Berlin: „7 – N“ (= 19 Uhr). Uhrzeit im zweiten Posteingangsstempel Berlin: „8 30 N“ (= 20.30 Uhr).

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
435
Briefnummer:
669
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 9.3.1917. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (12.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

20.02.2023 20:48