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10. October 1904
Sehr
geehrter Herr Wedekind!
Meine Antwort Hinweis auf einen hier beantworteten Brief [vgl. Wedekind an Tilla Durieux, 1.10.1904]. Wedekind war um einen Liedtext zu einer ihm zugegangenen Komposition – vermutlich „Die Triller-Camilla“ (siehe unten) – gebeten worden, was er abgelehnt hat. hat sich etwas verzögert, weil ich
erst mit BernauerDie Schauspieler Rudolf Bernauer – er war wie Tilla Durieux am Neuen und Kleinen Theater (Direktion: Max Reinhardt) in Berlin engagiert [vgl. Neuer Theater-Almanach 1905, S. 292] – und Carl Meinhard hatten am 16.11.1901 im Künstlerhaus in Berlin (Bellevuestraße 3) ihr literarisches Kabarett Die Bösen Buben eröffnet, das mit geschlossenen Vorstellungen nur sporadisch auftrat (bis 1905); Tilla Durieux war als Partnerin neu dazugekommen [vgl. Budzinski/Hippen 1996, S. 27, 39]. Sie trat am 24.11.1904 dort erstmals in einem „Verbrecherterzett“ auf: „Rudolf Bernauer und Carl Meinhard, die Erfinder all dieser Bösen Buben-Streiche, sangen und mimten mit Tilla Durieux die herbe spottenden Verse mit prachtvollem Humor“ [Die Bösen Buben. In: Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 601, 25.11.1904, Abend-Ausgabe, S. (2)]. Die Bösen Buben waren auf Dramenparodien spezialisiert; so wurde eine „Umarbeitung der letzten Szene des letzten Aktes aus ‚Nora‘ [...] in fünf verschiedenen Varianten geboten“; die erste davon „à la Frank Wedekind“ [Die bösen Buben. In: Das moderne Brettl, Jg. 1, Nr. 3, 15.12.1901, S. 40]. Diese am Debütabend gespielte Ibsen-Parodie stammte von Rudolf Bernauer und war eine der populärsten Dramenparodien der Zeit, die oft auch von anderen Kabaretts nachgespielt wurde [vgl. Roßbach 2005, S. 209-218]. sprechen musste. Die TrillercamillaEin erst Jahre später veröffentlichter Liedtext (siehe unten) stammt von Rudolf Bernauer, der auch Texter und Librettist war und Leo Fall mit der Komposition der Noten zu seinem Lied beauftragte. Er habe ihm einen Text probeweise mitgegeben, um ihn dann als Musiker und Komponist für die Bösen Buben zu engagieren: „Am nächsten Tag kam er wieder. Er hatte meine ‚Triller-Camilla‘, die ulkig-traurige Geschichte einer in ihren Klavierlehrer verliebten Schülerin, mit virtuosem Einfall unter Liszts zweite Rhapsodie gelegt. Dabei brauchte ich keine Silbe zu ändern.“ [Bernauer 1955, S. 125] Interpretin des Lieds bei den Bösen Buben war „die überaus lustige Tiny Senders, die [...] meine von Fall komponierte ‚Triller-Camilla‘ zum besten gab“ [Bernauer 1955, S. 130]. ist noch nicht im Druck
erschienenRudolf Bernauer hat sein Lied „Die Triller-Camilla“ (nur den Text der drei Strophen) einige Jahre später veröffentlicht [vgl. Rudolf Bernauer: Lieder eines bösen Buben. Berlin (1907), S. (31-32)]., ist auch gar nicht in NotenDie Melodie zum Lied „Die Triller-Camilla“ stammt von Leo Fall (siehe oben), dem Hauskomponisten der Bösen Buben [vgl. Budzinski/Hippen 1996, S. 39]. Das Lied, in Aufnahmen von 1908 und 1910 erhalten, ist zum Repertoire des Vortragskünstlers Robert Koppel gehörend nachgewiesen: „Die Triller-Camilla [...] Cabaretlied [...] Musik: Leo Fall nach der 2. Ungarischen Rhapsodie von Liszt“ [Wolfgang Schneidereit: Discographie der Gesangsinterpreten der leichten Muse von 1925 bis 1945 im deutschsprachigen Raum. Bd. 2. Norderstedt 2019, S. 726f.]; wer den Text verfasste, ist nicht vermerkt. aufgeschrieben, sondern wurde immer von
den jeweiligen Kapellmeistern aus der RapsodieSchreibversehen, statt: Rhapsodie. Gemeint ist ein von Franz Liszt komponiertes Klaviersolo, die Ungarische Rhapsodie Nr. 2 in cis-Moll; sie bildete melodisch für das Lied „Die Triller-Camilla“ die Grundlage. von Li
Tilla Spiro-Durieux
Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben
Halensee
10. Oktober 1904 (Montag)
Sicher
Halensee
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Tilla Durieux an Frank Wedekind, 10.10.1904. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (10.12.2025).
Ariane Martin