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Kerl nennt, sei es auch
einen guten Kerl Zitat; Fritz Engel, Theaterkritiker des „Berliner Tageblatt“ [vgl. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1912, Teil II, Sp. 376], hatte – im Rückgriff auf sein 1908 gefälltes Urteil über „Musik“ [vgl. F.E.: Wedekinds „Musik“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 37, Nr. 558, 1.11.1908, Sonntags-Ausgabe, S. (2)], über das Wedekind sich seinerzeit maßlos geärgert hat (siehe seine Korrespondenz mit dem „Berliner Tageblatt“ Ende 1908 bis Anfang 1909) – in seiner Kritik an der aktuellen Inszenierung des Stücks seine damalige Einschätzung bestätigt und abschließend erklärt, Wedekind hätte nicht die Rolle des Josef Reißner spielen sollen, sondern eine andere: „Er müßte den Lindekuh geben, den schlechten und doch so guten Kerl, einen Überwedekind, in vielen Zügen ein Selbstporträt und darum die wertvollste Gestalt des Stückes.“ [F.E.: Wedekinds „Musik“. Gastspiel im Deutschen Theater. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 287, 8.6.1912, Morgen-Ausgabe, S. (2)] „Musik“ hatte im Rahmen des Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater in Berlin vom 1. bis 16.6.1912 am 7.6.1912 Premiere – „Musikgeneralprobe [...] Musikvorstellung“ [Tb] – und am 8.6.1912 eine zweite und letzte Vorstellung: „Musikvorstellung 2.“ [Tb], den nenne
Das
Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben
Der 8.6.1912 ist als Ankerdatum gesetzt – nach dem Inhalt des Briefentwurfs, von dem anzunehmen ist, dass er unmittelbar nach Lektüre eines Zeitungsartikels geschrieben wurde, in dem Wedekind sich als „guten Kerl“ [F.E.: Wedekinds „Musik“. Gastspiel im Deutschen Theater. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 287, 8.6.1912, Morgen-Ausgabe, S. (2)] bezeichnet fand, eine im Briefentwurf zitierte Formulierung und zugleich sein Dreh- und Angelpunkt. Das Notizbuch, in dem der Briefentwurf notiert ist, weist sonst allerdings Datierungen zwischen dem 2.11.1908 und Frühjahr 1909 auf. Das führte zu der Annahme, der Briefentwurf, der sich „gegen die Vokabel ‚Kerl‘“ wende, für die in diesem Zeitraum „keine Fundstelle [...] nachgewiesen werden“ konnte, sei „entstanden November/Dezember 1908“ [KSA 5/III, S. 617]. Die Bezugsstelle ist nun aufgefunden. Der Briefentwurf in diesem Notizbuch [Nb 55, Blatt 10v-11r] ist nicht 1908, sondern zusammen mit einem weiteren Briefentwurf [vgl. Wedekind an Theodor Wolff, 8.6.1912], mit dem er inhaltlich starke Überschneidungen aufweist und der in unmittelbarer Nähe in demselben Notizbuch steht [Nb 55, Blatt 12r], erst 1912 auf bis dahin leeren Seiten des sonst früher beschriebenen Notizbuchs festgehalten worden. Belegt ist das durch eine in diesem Notizbuch zwischen den beiden Briefentwürfen festgehaltenen Adresse, die erst 1912 notiert worden sein kann: „Therese Schmid Herrenstr 24/0“ [Nb 55, Blatt 11v]. Die Münchner Hofballett-Solotänzerin Therese Schmid ist erstmals 1912 unter ihrer neuen Adresse Herrnstraße 34 (Parterre) nachgewiesen [vgl. Adreßbuch für München 1912, Teil I, S. 570], die Jahre davor wohnte sie in der Rumfordstraße 42 (2. Stock) [vgl. Adreßbuch für München 1909, Teil I, S. 514; Adreßbuch für München 1911, Teil I, S. 548]. Insofern darf davon ausgegangen werden, dass Wedekind die Lektüre des genannten Zeitungsartikels, der am 8.6.1912 im „Berliner Tageblatt“ erschien, so provozierte, dass er den darauf reagierenden Briefentwurf an das „Berliner Tageblatt“ sogleich verfasste.
Berlin
8. Juni 1912 (Samstag)
Ermittelt (unsicher)
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Frank Wedekind an (Zeitung) Berliner Tageblatt, 8.6.1912. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (10.12.2025).
Ariane Martin