Vergleichsansicht

Sehr GeehrterSchreibversehen, statt: geehrter. Herr!

Sie werden erstaunt sein, von mir einen Brief zu erhalten, es handelt sich hier um eine Ehrensache, u. ich setze voraus, daß wenn Sie Alles erfahren, Sie mir den Gefallen nicht versagen werden, mir recht bald Aufklärung zu verschaffen. Sie erinnern sich, daß ich bei verschiedenen Gelegenheiten als Klavierspielerin engagirt wurde, so war es seit drei Jahren, herkömlich, daß ich stets am OstermontagDer Ostermontag fiel auf den 14.4.1884. Offenbar war Minna Rochholz in diesem Jahr nicht als Musikerin engagiert worden, was wohl ihren Brief veranlasste. zur Belustigung der hsg. Schuljugend des Nachmittags u. Abends von 8 bis 12 Uhr des Nachts den Herrn Kantonschülern Tanzmusik spielte; da ich durch diesen u. ähnlichen Verdienst auch seit Jahren meine alten ElternDer Historiker und Volkskundler Prof. Dr. Ernst Ludwig Rochholz und seine Frau Augusta Rochholz (geb. Schröder) (Ziegelrain 722) [vgl. Adressbuch der Stadt Aarau 1884, S. 39]. unterstütze, mußte u. muß es mir sehr auffallend sein, daß ich zugleich trotz besten Bestrebungen u. Bemühungen doch aus einigen Vereinen, wie d. h. Turnverein, der sog. Sängerbund u. die letze/t/e betref. Gesellschaft förmlich, mit wirklich | auffallender Bosheit als Klavierspielerin unterdrückt u. verdrängt wurde, u. wie ich mich letzthin rasch bei Herrn WäfflerHeinrich Wäffler (In der Telli 449) [vgl. Adressbuch der Stadt Aarau 1884, S. 49], seit 1877 Turnlehrer an der Kantonsschule Aarau, veranstaltete Turnübungen mit Musikbegleitung [vgl. Heinrich Herzog: Schweizerische Volksfeste, Sitten und Gebräuche. Aarau 1884, S. 123]. hierüber erkundigte, antwortete jener, er kenne blos das Motiv meiner großen Rechnungen, die ich gemacht haben sollte! –– ? ––

Da ich Gott Lob aber eben keine Rechnungen gemacht, weder mündlich, noch schriftlich, sondern recht dankbar u. zufrieden war, daß mir der hsg. Turnverein vor 2 Jahren beiläufig, für Klavierspielen 10 frc honorirte, u. daß ich dasselbe in gleicher creditionwohl für Kreditierung = Gutschreibung, Verrechnung. ebenfalls von den Herrn Kantonschülern erhielt, so bin ich genöthigt einer Intrigue auf die Spur zu kommen, u. wäre Ihnen stets sehr dankbar, wenn Sie mich recht bald informiren würden, ob vielleicht irgendwelche andre Person auf meinen Namen hin eine Rechnung, od Rechnungen | ausstellte, u. bitte Sie so rasch wie möglich sich auch bei dem jungen Herrn MinichWalter Minnich, ein Mitschüler Frank Wedekinds an der Kantonsschule Aarau. in Baden erkundigen zu wollen, damit die Wahrheit an den Tag gefördert wird! –

In Erwartung Ihrer gütigen Rückantwort, grüßt Sie mit aller Hochachtung
Minna Rochholz
Klavierlehrerin.

Aarau
ZiegelrainMinna Rochholz wohnte bei ihren Eltern im Ziegelrain 722 in Aarau [vgl. Adressbuch der Stadt Aarau 1884, S. 39].

(In großer Eile!)

Sehr GeehrterSchreibversehen, statt: geehrter. Herr!

Sie werden erstaunt sein, von mir einen Brief zu erhalten, es handelt sich hier um eine Ehrensache, u. ich setze voraus, daß wenn Sie Alles erfahren, Sie mir den Gefallen nicht versagen werden, mir recht bald Aufklärung zu verschaffen. Sie erinnern sich, daß ich bei verschiedenen Gelegenheiten als Klavierspielerin engagirt wurde, so war es seit drei Jahren, herkömlich, daß ich stets am OstermontagDer Ostermontag fiel auf den 14.4.1884. Offenbar war Minna Rochholz in diesem Jahr nicht als Musikerin engagiert worden, was wohl ihren Brief veranlasste. zur Belustigung der hsg. Schuljugend des Nachmittags u. Abends von 8 bis 12 Uhr des Nachts den Herrn Kantonschülern Tanzmusik spielte; da ich durch diesen u. ähnlichen Verdienst auch seit Jahren meine alten ElternDer Historiker und Volkskundler Prof. Dr. Ernst Ludwig Rochholz und seine Frau Augusta Rochholz (geb. Schröder) (Ziegelrain 722) [vgl. Adressbuch der Stadt Aarau 1884, S. 39]. unterstütze, mußte u. muß es mir sehr auffallend sein, daß ich zugleich trotz besten Bestrebungen u. Bemühungen doch aus einigen Vereinen, wie d. h. Turnverein, der sog. Sängerbund u. die letze/t/e betref. Gesellschaft förmlich, mit wirklich | auffallender Bosheit als Klavierspielerin unterdrückt u. verdrängt wurde, u. wie ich mich letzthin rasch bei Herrn WäfflerHeinrich Wäffler (In der Telli 449) [vgl. Adressbuch der Stadt Aarau 1884, S. 49], seit 1877 Turnlehrer an der Kantonsschule Aarau, veranstaltete Turnübungen mit Musikbegleitung [vgl. Heinrich Herzog: Schweizerische Volksfeste, Sitten und Gebräuche. Aarau 1884, S. 123]. hierüber erkundigte, antwortete jener, er kenne blos das Motiv meiner großen Rechnungen, die ich gemacht haben sollte! –– ? ––

Da ich Gott Lob aber eben keine Rechnungen gemacht, weder mündlich, noch schriftlich, sondern recht dankbar u. zufrieden war, daß mir der hsg. Turnverein vor 2 Jahren beiläufig, für Klavierspielen 10 frc honorirte, u. daß ich dasselbe in gleicher creditionwohl für Kreditierung = Gutschreibung, Verrechnung. ebenfalls von den Herrn Kantonschülern erhielt, so bin ich genöthigt einer Intrigue auf die Spur zu kommen, u. wäre Ihnen stets sehr dankbar, wenn Sie mich recht bald informiren würden, ob vielleicht irgendwelche andre Person auf meinen Namen hin eine Rechnung, od Rechnungen | ausstellte, u. bitte Sie so rasch wie möglich sich auch bei dem jungen Herrn MinichWalter Minnich, ein Mitschüler Frank Wedekinds an der Kantonsschule Aarau. in Baden erkundigen zu wollen, damit die Wahrheit an den Tag gefördert wird! –

In Erwartung Ihrer gütigen Rückantwort, grüßt Sie mit aller Hochachtung
Minna Rochholz
Klavierlehrerin.

Aarau
ZiegelrainMinna Rochholz wohnte bei ihren Eltern im Ziegelrain 722 in Aarau [vgl. Adressbuch der Stadt Aarau 1884, S. 39].

(In großer Eile!)